Güterverkehr

Eine Dampflok der Baureihe 052 verlässt Rheinkamp mit einem langen Kohlenzug.

Im Bild oben verlässt 052 590 mit einem langen Kohlenzug den Bahnhof Rheinkamp. Foto: D. Lemm, Slg. Holzapfel.

Beim Güterverkehr ist der Hippelandexpress zweigeteilt. Reges bis hohes Verkehrsaufkommen herrscht zwischen Trompet, wo die Gleise aus Krefeld/Hohenbudberg in die Strecke einmünden, und Millingen. Von Millingen Richtung Xanten und weiter nach Kleve gab es bis Mitte der achtziger Jahre noch sporadischen Wagenladungsverkehr, heute wird von Millingen aus nur noch der Anschluss des Salzbergwerks in Büderich bedient, am letzten Rest der einstigen Verbindung Venlo - Haltern - Wesel gelegen. Die Zweiteilung des Güterverkehrsaufkommens entspricht der Wirtschaftsstruktur am Niederrhein: Im südlichen Teil liegt die Strecke in den linksrheinischen Ausläufern des Ruhrgebiets, bis Ende 2012 nicht zuletzt durch den Bergbau in Kamp-Lintfort geprägt. Nördlich davon ist der Niederrhein ländlich, Industrie spielt nur noch eine geringe Rolle.

Industrialisierung durch die Bahn

Als die Bahnverbindung von Rheinhausen nach Kleve geplant und gebaut wurde, hatte man sich das ganz anders vorgestellt. Die Politik verband mit der Verbindung ins Ruhrgebiet die Hoffnung, dass die Gemeinden entlang der neuen Bahnlinie aus ihrem ländlichen Dornröschenschlaf erwachten und die Industrialisierung in Gang kommen würde. Tatsächlich erschloss die Verbindung von Duisburg an den linken Niederrhein ein großes Arbeitskräftepotential, die Hoffnungen auf Industrialisierung erfüllten sich jedoch nur im Einzugsbereich des Bergbaus.

Schwarzes Gold

Bis Ende 2012 war Kohle das wichtigste Transportgut. Zwischen Moers und Rheinberg entstanden bald nach dem Bau der Bahnstrecke neue Zechen: In Moers wurden das Bergwerk Rheinpreussen und die Pattbergschächte gegründet, über die Moerser Kreisbahn wurde das Bergwerk Niederberg in Neukirchen-Vlyn mit der Staatsbahn verbunden. In Rheinkamp befindet sich der Bahnanschluss des Bergwerks Friedrich-Heinrich in Kamp-Lintfort (das Bergwerk West der DSK), das seine Förderung Ende 2012 einstellte.

RAG 643 schiebt einen Leerwagenzug aus dem Bahnhof Rheinkamp.Bis 1993 erschloss die Anschlussbahn auch die Schachtanlage Pattberg mit Kokerei, außerdem gab es eine Verbindung zum Rheinhafen Rheinpreussen auf Moerser Stadtgebiet und zur Schachtanlage Rheinpreußen in Moers. Von den Pattbergschächten zeugen heute nur noch wenige Bauten und eine unübersehbare Halde an den Autobahnen 42 und 57 bei Kamp-Lintfort. In Rheinberg schließlich war die Zeche Rossenray über eine Anschlussbahn mit der Staatsbahn verbunden. Diese Anschlussbahn existiert heute noch und verbindet die Müllverbrennungsanlage Asdonkshof des Kreises Wesel mit dem Bahnnetz.

Weißes Gold

Blick vom Stellwerk Millingen-Ost über den Übergabebahnhof zur SolvayIn Borth bei Rheinberg fördern seit 1906 die Solvay-Werke Steinsalz, das sie vor allem für die Soda-Produktion und für andere Chemieprodukte verwenden. Das Bergwerk Borth besaß bis März 2017 in Büderich, an der ehemaligen Strecke VenloGeldernWesel einen Bahnanschluss und ist außerdem über eine Werksbahn mit dem Chemiewerk in Rheinberg verbunden. Dessen Staatsbahnanschluss befindet sich im Bahnhof Millingen.

Landwirtschaft

Den Bahnhöfen zwischen Kleve und Moers sieht man bis heute an, dass vor allem landwirtschaftliche Güter umgeschlagen wurden: Lange Ladestraßen prägen bis heute das Bild, auch wenn sie schon lange nicht mehr genutzt werden. Gleisanschlüsse zu Industriebetrieben waren dagegen selten. In Alpen besaß die Firma Lemken (Pflüge) einen Gleisanschluss, in Alpen, Xanten und Kalkar die örtlichen Genossenschaften und in Appeldorn eine Molkerei. Die Bedienung der Ladestellen nördlich von Millingen wurde 1988 aufgegeben.

Güterverkehr heute

Seit 1991 sind die Güterverkehrsanlagen in Xanten und Alpen abgebaut. Im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen wurde der Bahnhof Alpen zum Haltepunkt mit Ausweichanschlussstelle umgebaut, die dem Verkehr Richtung Büderich dient. Seit Januar 2015 ist der Verkehr eingestellt, das Solvay (heute ESCO) Bergwerk setzt vollständig auf LKW-Transporte. Auch der werksinterne Transport zum Hafen Momm wurde aufgegeben, die Werksbahngleise von Büderich über das Bergwergsgelände bis zum Hafen im Frühjahr 2017 abgebaut, wie die Rheinische Post berichtete. Statt umweltfreundlich per Bahn an den Werkshafen wird die Steinsalzproduktion seit 2015 per LKW zum mit Steuergeldern teuer sanierten Hafen Wesel gekarrt und dort aufs Schiff verladen. Moderne Verkehrspolitik nennt man das.

Bis Millingen ist auch heute noch reger Güterverkehr zu beobachten. Über diesen Bahnhof wickelt das Solvay-Werk Rheinberg (nach eigenen Angaben) noch ca. 30 Prozent des Güterverkehrs über die Schiene ab. Kohle und Kalk für das werkseigene Kraftwerk, sowie Chemieprodukte werden per Bahn angeliefert bzw. abgefahren.

Was aus dem Bahnhof Rheinkamp und dem Anschluss des Bergwerks West / Friedrich Heinrich wird, ist noch offen.

In Moers sorgt nach wie vor die NIAG, in der die ehemalige Moerser Kreisbahn aufgegangen ist, für Verkehrsaufkommen. Außerdem ist noch eine DEA-Raffinerie Anschließerin. Außerdem kommt hier der Güterverkehr aus dem Ruhrgebiet hinzu, der von Oberhausen-West kommend bei Duisburg-Baerl den Rhein überquert und über Trompet weiter nach Krefeld geleitet wird. In Trompet beginnt eine Stichstrecke nach Duisburg-Homberg, über die das Werk der Sachtleben-Chemie angeschlossen ist. Diese Stichstrecke ist übrigens Teil der ersten Bahnverbindung am Niederrhein, der 1849 eröffneten Strecke Homberg-Krefeld-Mönchengladbach.

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